Dienstag, 16. Februar 2010

...

symmetrie

als eigensinnige, trotzige tochter, deren erstes wort angeblich NEIN ! war, lernte ich mit 10 jahren das tägliche bahnfahren.
selbstverständlich mit vaters hilfe, der meine panik verstand.
das damoklesschwert "vollinternat" schwebte über mir.
mehrere familienkonferenzen folgten.
ich schwor ernsthaft heilige eide: niemals, nie, nie, nie, morgendliche diskussionen über sinn und zweck des zeitigen aufstehens anzuzetteln. immer, ja immer, auch bei wind und regen, überschwemmungen, schneestürmen etc den morgendlichen zug rechtzeitig alleine zu besteigen.
unter keinen umständen, auch nicht bei vorgeschobenen oder echten krankheiten, früher als nach ende des halbinternats heimzufahren.
daheim das wort hausaufgabe nicht zu erwähnen. schulutensilien und kleidung alleine und vollständig herzurichten.
mutter glaubte mir.
vater übte mit mir.
mit seiner hilfe schaffte ich das schier unmögliche:
ich wurde in der privaten wiener klosterschule nur mit halbinternat angemeldet, konnte also alleine in meinem zimmer schlafen, umgeben von den mir so wichtigen möbeln und dingen.
konnte an den wochenenden mit vater blödsinn treiben, zu tante madelaines gut erlschachen fahren, die tiere besuchen, die geliebten menschen sehen. nicht nur in den ferien.

am ersten schultag begleitete er mich. sprach mir mut zu, scherzte, ging zur feier des tages mit mir ins cafe westend frühstücken.
vor dem grossen tor kniff er mich in die wange, raunte: glaub ihnen nicht alles, bewahre dir dein kritisches ohr!, übergab der schwester pförtnerin einen kleinen blumenstrauss und schob mich durch die gläserne schwingtür.
ich schaute noch einmal zurück und weinte.

alles war fremd. ich kannte niemanden und fühlte mich sehr klein und sehr allein.
bald kannte ich mich im alten gebäude hervorragend aus, erforschte hintertreppen, öffnete verbindungstüren, tauchte in den schlafräumen der nonnen auf, wanderte durch lange kellergänge, wusste, wo und wie die kleidung der schwestern gewaschen wurde, beäugte interessiert deren unterwäsche, die zum trocknen im (separierten) klostergarten trocknete.
dort gefiel es mir am besten. die schwester gärntnerin mochte es, wenn ich nachmittags durch die kleine tür huschte und beim giessen neben ihr war.
natürlich bat ich meinen vater für mich auszusagen, als die gestrenge schwester oberin nach meinen eltern verlangte.
mein unerlaubtes verlassen des schulkomplexes erklärte er damit, dass ich möglicherweise interesse daran hätte, selbst einmal nonne zu werden und erwirkte erfolgreich milde statt strafe.
er musste einige male mit schwester oberin diskutieren, konnte sie immer überzeugen, wurde irgendwann ein gerne gesehener vater in ihrem büro.
trotzdem wurde ich lange und streng ermahnt. ich liess manches bleiben.

also entdeckte ich die klosterkirche für mich. dort konnte ich nachmittags ungestört und erlaubterweise alleine sein, es gab viel zu sehen, zu riechen und manchmal auch zu hören. die orgel begeisterte mich.
so überstand ich vier jahre.
dann durfte ich - sie können es sich denken - mit vaters hilfe in die banale, weltliche, öffentliche, ordinäre handelsschule wechseln.
ich wollte so schnell wie möglich eigenes geld verdienen, tun und lassen was ich wollte. auch diese übung gelang.
statt tierärztin wurde ich sekretärin.
"naja, immerhin mit maturaniveau."

seit dieser zeit hege ich aber eine ungetrübte liebe zur symmetrie, ich arrangiere auch im elfenhäuschen immer wieder quasi kleine altäre.
wenn es dann auch noch nach pfingstrosen und schmierseife riecht lehne ich mich zurück und meditiere.
man kann mich einen klerikalen freigeist nennen.

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